Zweckentfremdung

Redaktion
7 Min. Lesezeit

📌 Definition:

Unter Zweckentfremdung versteht man die Nutzung von Wohnraum zu anderen Zwecken als zum Wohnen, insbesondere wenn dadurch dringend benötigter Wohnraum dem Markt entzogen wird. In vielen Städten ist Zweckentfremdung gesetzlich reguliert oder verboten.


🏡 Bedeutung der Zweckentfremdung:

Schutz des Wohnraums: In Ballungsgebieten wird Wohnraum vor Spekulation geschützt.
Bekämpfung der Wohnungsnot: Leerstand und illegale Ferienvermietungen werden verhindert.
Sozialer Ausgleich: Mehr Wohnraum für Einheimische statt für Touristen.
Mieterschutz: Verhinderung der Umwandlung von Mietwohnungen in Büros oder Gewerbeflächen.
Stärkung der Stadtentwicklung: Vermeidung von Geistervierteln durch Leerstand.


⚖️ Rechtliche Grundlagen zur Zweckentfremdung:

Gesetz/Verordnung Regelungsgegenstand
📜 Baugesetzbuch (BauGB) § 22: Ermächtigt die Länder, Zweckentfremdungsverbote zu erlassen.
📜 Zweckentfremdungsgesetze der Länder: Bundesländer wie Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt haben spezielle Verordnungen.
📜 Wohnraumzweckentfremdungsgesetz (Berlin): Verbot von Kurzzeitvermietungen ohne Genehmigung (§ 2 ZwVbG Bln).
📜 Zweckentfremdungssatzungen (Kommunal): Kommunen regeln Details wie Anzeigepflichten und Bußgelder.
📜 BGB § 573a (Mietrecht): Einschränkungen für die gewerbliche Nutzung von Mietwohnungen.

🚫 Was gilt als Zweckentfremdung?

Form der Zweckentfremdung Beschreibung Beispiel
🏨 Kurzzeitvermietung: Wohnraum wird dauerhaft als Ferienwohnung vermietet. Airbnb-Vermietung einer Wohnung ohne Genehmigung.
🏢 Gewerbliche Nutzung: Wohnung wird als Büro, Kanzlei oder Praxis genutzt. Arztpraxis in einer Mietwohnung ohne Genehmigung.
🚫 Leerstand: Wohnraum bleibt länger als 6 Monate ungenutzt, ohne Sanierungsgrund. Spekulationsleerstand in Großstädten.
🔄 Umwandlung in Lager: Wohnräume werden als Lagerräume genutzt. Wohnung wird zur Lagerfläche eines Online-Shops.
🏚️ Abriss ohne Neubauabsicht: Abbruch von Wohngebäuden ohne Ersatzwohnraum. Abriss einer Altbauwohnung für ein Parkhaus.
🛋️ Teilnutzung für Gewerbe: Wenn mehr als 50 % der Wohnfläche gewerblich genutzt werden. Ein Massagestudio in einer 2-Zimmer-Wohnung.

🧾 Beispiel: Zweckentfremdungsgesetz in Berlin:

📜 Wohnraumzweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG): Seit 1. Mai 2014 in Kraft.

  • Genehmigungspflicht: Für jede gewerbliche Nutzung, Ferienvermietung oder Abriss.
  • Anzeigepflicht: Bei Leerstand länger als 3 Monate.
  • Bußgelder: Bis zu 500.000 € bei Verstößen (§ 9 ZwVbG).
  • Ausnahmen: Bei sozialen Härtefällen oder vorübergehender Leerstandsrenovierung.

💰 Bußgelder bei Zweckentfremdung (Beispiele):

Stadt Bußgeldrahmen (max.) Beispiel für Sanktionen
Berlin: 500.000 € Airbnb-Vermieter zahlte 250.000 € Strafe (2022).
München: 500.000 € Bußgeld für Leerstand von 18 Wohnungen.
Hamburg: 50.000 € Strafe für illegale Ferienwohnungen.
Köln: 50.000 € Airbnb-Vermietung ohne Anmeldung sanktioniert.
Frankfurt: 250.000 € Strafe für Gewerbenutzung in Wohngebieten.

💡 Wie erhält man eine Genehmigung zur Zweckentfremdung?

Antrag bei der Stadtverwaltung: Über das zuständige Wohnungs- oder Bauamt.
Begründung der Zweckentfremdung: Nachweis des öffentlichen Interesses oder eines Härtefalls.
Beispielhafte Ausnahmegründe:

  • Sozialer Zweck: Nutzung als Tagespflege oder Gemeinschaftseinrichtung.
  • Sanierung: Vorübergehende Nutzung als Baubüro.
  • Leerstand wegen Erbschaftsstreit: Nachweis der vorübergehenden Unvermeidbarkeit.
    Dauer: Genehmigungen werden meist befristet (1–3 Jahre) erteilt.

🏡 Beispiel: Berechnung einer Strafe wegen Zweckentfremdung

📌 Fall:

Ein Vermieter vermietet eine Wohnung (100 m², Berlin) illegal über Airbnb.

  • Monatliche Mieteinnahmen: 2.000 €
  • Dauer der Zweckentfremdung: 12 Monate
  • Bußgeldsatz: 500.000 € max., aber abhängig vom erzielten Gewinn.

📊 Strafberechnung:

  • Unrechtmäßiger Gewinn: 2.000 € × 12 Monate = 24.000 €
  • Strafe: Entzug des gesamten Gewinns + 20 % Aufschlag als Sanktion
  • Bußgeld: 24.000 € + 4.800 € (20 %) = 28.800 €

Fazit: Der Vermieter muss 28.800 € Strafe zahlen und die Wohnung wieder als regulären Wohnraum anbieten.


📊 Vergleich: Zweckentfremdung vs. Gewerbliche Nutzung in Wohnräumen:

Kriterium Zweckentfremdung Gewerbliche Nutzung in Wohnraum
Definition: Wohnraum wird einem Nicht-Wohnzweck zugeführt. Wohnraum wird teilweise für gewerbliche Zwecke genutzt.
Rechtliche Grundlage: Zweckentfremdungsgesetze, BauGB Gewerbeordnung, Landesbauordnung
Genehmigungspflicht: Ja (außer in Ausnahmesituationen) Ja, wenn über 50 % der Wohnfläche gewerblich genutzt werden.
Typische Beispiele: Ferienwohnung, Abriss, Leerstand Homeoffice, freiberufliche Praxis (z. B. Anwalt, Arzt)
Bußgelder: Sehr hoch (bis 500.000 €) Mittel (bis 50.000 € bei illegaler Umnutzung)

💡 Tipps zur Vermeidung einer Zweckentfremdung:

Vorab Genehmigungen prüfen: Insbesondere bei Kurzzeitvermietungen oder Airbnb-Angeboten.
Wohnraum rechtzeitig melden: Leerstand bei der Stadt anzeigen.
Teilgewerbliche Nutzung klar abgrenzen: Gewerbliche Nutzung darf max. 50 % der Wohnfläche betragen.
Mietverträge prüfen: Gewerbliche Nutzung ohne Zustimmung des Vermieters vermeiden (§ 540 BGB).
Teilvermietungen (z. B. möbliertes Zimmer) bevorzugen: Diese sind meist genehmigungsfrei.


⚠️ Typische Fehler bei Zweckentfremdung:

Keine Genehmigung für Ferienvermietung: Besonders in touristischen Hotspots wie Berlin oder München.
Dauerhafter Leerstand: Auch Spekulationsleerstand wird sanktioniert.
Umwidmung in Büros: Ohne Änderung der Nutzungsgenehmigung kann dies teuer werden.
Illegale Airbnb-Vermietung: Vermietungsplattformen sind mittlerweile gesetzlich zur Datenweitergabe verpflichtet.
Vermietung an Gewerbetreibende: Ohne Wohnzweck wird dies als Zweckentfremdung gewertet.


🧾 Relevanz der Zweckentfremdung für verschiedene Zielgruppen:

Zielgruppe Relevanz der Zweckentfremdung
🏡 Eigentümer: Risiko hoher Bußgelder bei nicht genehmigter Nutzung.
🏢 Vermieter: Einschränkung bei gewerblicher Vermietung von Wohnraum.
🏘️ WEG-Verwalter: Kontrolle der Nutzung im Gemeinschaftseigentum.
💼 Investoren: Risiko der Fehlinvestition in touristische Vermietungsmodelle.
🏦 Banken: Wichtig bei Immobilienbewertungen und Kreditsicherheiten.
🧑‍⚖️ Gerichte: Grundlage bei Streitigkeiten über Miet- und Zweckentfremdungsrechte.

💰 Welche Ausnahmen von der Zweckentfremdung gibt es?

Ausnahmegrund Voraussetzung Genehmigungsart
Kurzzeitige Untervermietung: Bis zu 8 Wochen/Jahr ohne gewerbliche Absicht. Meist genehmigungsfrei
Teilgewerbliche Nutzung: Gewerbeanteil max. 50 % der Wohnfläche. Anzeigepflicht
Baubedingter Leerstand: Nachweis der Sanierungsarbeiten. Befristete Genehmigung
Nutzung zu sozialen Zwecken: Tagespflege, Wohngruppen, karitative Zwecke. Sondergenehmigung
Erb- und Familienstreitfälle: Begründeter Leerstand mit Nachweis. Befristete Genehmigung

🚀 Zukunftstrends und Maßnahmen gegen Zweckentfremdung:

🌿 Digitalisierung der Wohnraumüberwachung: Plattformen wie Airbnb müssen Vermietungsdaten an Städte melden.
📊 KI-basierte Immobilienanalysen: Städte setzen Künstliche Intelligenz zur Aufdeckung illegaler Vermietungen ein.
🏙️ Wohnraumquoten in Großstädten: Kommunale Regelungen zur Mindestquote von dauerhaftem Wohnraum.
💡 Erhöhung der Bußgelder: Städte wie Berlin und München verschärfen die Sanktionen.
🏡 Steuerliche Anreize gegen Leerstand: Förderprogramme für Vermieter bei schnellen Neuvermietungen.
📈 CO₂-Bepreisung bei Leerstand: Diskussion über zusätzliche Abgaben für ungenutzten Wohnraum.


📌 Fazit:

Die Zweckentfremdung von Wohnraum ist in vielen Städten strikt reguliert, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken. Illegale Kurzzeitvermietungen, Leerstand oder die Umwandlung in Gewerbe können zu hohen Bußgeldern führen. Gleichzeitig gibt es jedoch Ausnahmegenehmigungen, z. B. für soziale Zwecke, Sanierungen oder Teilgewerbliche Nutzungen. Eine rechtzeitige Prüfung und Beantragung von Genehmigungen schützt vor rechtlichen Konsequenzen und hohen Kosten. Besonders für Eigentümer, Vermieter und Investoren ist es wichtig, die örtlichen Satzungen genau zu kennen.

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