Abnahmeverweigerung

Redaktion
7 Min. Lesezeit

Definition:

Die Abnahmeverweigerung tritt auf, wenn der Auftraggeber (z. B. der Bauherr) die Abnahme eines Werkes oder einer Bauleistung ablehnt, obwohl das Werk grundsätzlich fertiggestellt wurde und zur Abnahme bereit ist. Die Abnahme ist der Zeitpunkt, an dem der Bauherr erklärt, dass die ausgeführte Leistung gemäß den vertraglichen Vereinbarungen und den anerkannten Regeln der Technik abgenommen werden kann. Eine Verweigerung dieser Abnahme kann auf verschiedenen Gründen basieren und hat tiefgreifende rechtliche Auswirkungen.

Die Abnahme im Bauvertrag ist ein zentraler rechtlicher Moment, da sie die Gewährleistungsfrist in Gang setzt und den Übergang der Gefahr vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber markiert. Wenn der Auftraggeber die Abnahme verweigert, bleibt die Verantwortung für das Werk zunächst beim Auftragnehmer.

Bedeutung in der Immobilien- und Bauwirtschaft:

Die Abnahme und die damit verbundene Abnahmeverweigerung sind zentrale Elemente in der Bauabwicklung. Sie betreffen sowohl den Bauunternehmer als auch den Bauherrn und sind entscheidend für den Fortgang des Projektes, die finanzielle Abwicklung und die rechtlichen Folgen.

  • Abnahme als rechtlicher Akt: Die Abnahme eines Bauwerks hat rechtliche Konsequenzen. Sie markiert den Punkt, ab dem der Bauherr die Gewährleistungsrechte ausüben kann und verpflichtet sich, den vereinbarten Preis zu zahlen. Bei einer Abnahmeverweigerung bleibt der Bauunternehmer oft mit seinen Forderungen auf dem Werk sitzen und kann die Zahlung erst dann verlangen, wenn die Abnahme erfolgt ist.

  • Gewährleistungspflichten: Nach der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist, innerhalb derer der Bauunternehmer für Mängel am Werk haftet. Die Abnahmeverweigerung hat Auswirkungen auf diese Frist, da sie den Lauf der Gewährleistung verschieben kann.

  • Vermeidung von Streitigkeiten: Eine Abnahmeverweigerung kann zu erheblichen Streitigkeiten führen, da sie häufig zu Meinungsverschiedenheiten über die Qualität der ausgeführten Arbeiten oder die Erfüllung der vertraglichen Anforderungen führt. Diese Streitigkeiten können langwierig und teuer sein, insbesondere wenn keine klare Grundlage für die Verweigerung der Abnahme vorliegt.

Gründe für die Abnahmeverweigerung:

Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Auftraggeber die Abnahme verweigern kann. Diese Gründe können sowohl auf vertraglichen Vereinbarungen als auch auf der Ausführung der Arbeiten basieren.

  • Mängel am Werk: Ein häufiger Grund für die Abnahmeverweigerung sind Mängel an den Bauleistungen. Wenn das Bauwerk oder die Leistung nicht vollständig oder mangelhaft ausgeführt wurde, kann der Auftraggeber die Abnahme verweigern, bis die Mängel behoben sind. Dies umfasst sowohl sichtbare Mängel (z. B. Risse in Wänden, fehlerhafte Installation) als auch versteckte Mängel (z. B. nicht erkennbar defekte technische Systeme).

  • Nicht vertragsgemäße Ausführung: Wenn das Werk nicht gemäß den vertraglichen Vereinbarungen, den technischen Normen oder den Bauvorlagen ausgeführt wurde, kann der Auftraggeber die Abnahme verweigern. Beispiele hierfür sind Abweichungen vom ursprünglichen Plan, falsche Materialien oder falsche Ausführungen.

  • Fehlende Abnahmen von Teilgewerken: Wenn bestimmte Teilgewerke (z. B. Elektroinstallation, Sanitärarbeiten) noch nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß abgenommen wurden, kann der Bauherr die Gesamtabnahme verweigern. Der Vertrag kann solche Teilabnahmen als Voraussetzung für die Gesamtabnahme festlegen.

  • Unzureichende Dokumentation: Wenn der Bauunternehmer die erforderlichen Dokumentationen oder Bauabnahmen (z. B. Prüfprotokolle, Abschlussberichte) nicht vorlegt, kann der Bauherr die Abnahme verweigern. Eine vollständige Dokumentation ist häufig ein vertraglicher Bestandteil, der vor der endgültigen Abnahme vorgelegt werden muss.

  • Bauzeitüberschreitung: In manchen Fällen kann eine erhebliche Überschreitung der Bauzeit ohne gerechtfertigten Grund zur Abnahmeverweigerung führen, insbesondere wenn dies die Nutzung des Gebäudes oder den Betrieb des Unternehmens des Bauherrn beeinträchtigt.

Rechtliche Konsequenzen der Abnahmeverweigerung:

Die Abnahmeverweigerung hat erhebliche rechtliche Auswirkungen auf beide Parteien – den Bauunternehmer und den Auftraggeber:

  • Verzögerung der Gewährleistungsfrist: Wenn die Abnahme verweigert wird, beginnt die Gewährleistungsfrist nicht zu laufen. Der Bauunternehmer ist weiterhin für die Mängelbehebung verantwortlich, auch wenn der Bauherr die Abnahme verweigert. Die Verzögerung der Abnahme bedeutet, dass der Auftragnehmer seine Gewährleistungspflichten länger erfüllen muss.

  • Zahlungsanspruch des Bauunternehmers: Der Bauunternehmer hat einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung, sobald die Abnahme erfolgt ist. Verweigert der Bauherr jedoch die Abnahme, kann der Bauunternehmer gemäß § 640 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) seine Vergütung auch durch Klage einfordern. Die Verweigerung der Abnahme darf jedoch nicht ohne berechtigten Grund erfolgen.

  • Bauherr muss Mängel anzeigen: Ein weiterer rechtlicher Punkt ist, dass der Bauherr die Mängel ordnungsgemäß anzeigen und dokumentieren muss, um die Abnahme verweigern zu können. Wird die Abnahme ohne gültigen Grund verweigert, kann dies als Vertragsverletzung angesehen werden, die den Bauunternehmer berechtigt, rechtliche Schritte einzuleiten.

  • Folgen für den Baufortschritt: Bei berechtigter Abnahmeverweigerung wird der Baufortschritt gestoppt, bis die Mängel behoben sind. Dies kann zu Verzögerungen im Projektablauf führen und weitere Kosten verursachen. Der Bauherr muss daher sicherstellen, dass seine Mängelrügen korrekt und dokumentiert sind.

Experten-Tipps & weiterführende Infos:

  1. Vertragsklauseln prüfen: Bauherren und Bauunternehmer sollten ihre Verträge genau prüfen und klare Regelungen für die Abnahme und Abnahmeverweigerung festlegen. Es sollte definiert werden, unter welchen Bedingungen eine Abnahme verweigert werden darf und wie etwaige Mängel zu beheben sind.

  2. Dokumentation von Mängeln: Bauherren sollten bei der Abnahme von Bauleistungen alle Mängel dokumentieren und dem Bauunternehmer eine Frist zur Nachbesserung setzen. Eine ordnungsgemäße Mängelanzeige schützt vor späteren rechtlichen Problemen und stellt sicher, dass die Mängel korrekt behoben werden.

  3. Medienwirksame und rechtliche Verfahren: In Fällen, in denen die Abnahme verweigert wird, können Bauherren und Bauunternehmer durch Mediation oder Schiedsverfahren versuchen, eine Lösung zu finden, ohne vor Gericht gehen zu müssen.

  4. Bauabnahme als wichtigster Schritt: Der Bauherr sollte verstehen, dass die Abnahme nicht nur den formalen Abschluss des Projekts bedeutet, sondern auch der Startpunkt für Gewährleistungsansprüche und finanzielle Abrechnungen ist. Um spätere Konflikte zu vermeiden, sollte die Abnahme professionell durchgeführt werden.


Die Abnahmeverweigerung kann ein kritisches Thema in Bauprojekten darstellen. Sowohl Bauherren als auch Bauunternehmer sollten sicherstellen, dass alle vertraglichen und rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, um eine reibungslose Abnahme und den Abschluss des Projekts zu gewährleisten.

Teile diesen Artikel
Folgen:
Wir sind ein erfahrenes Team aus Immobilienmaklern und IT-Profis, die seit Jahren in der Immobilienbranche tätig sind. Unser Ziel ist es, Fachwissen und digitale Expertise zu vereinen, um komplexe Themen verständlich und praxisnah aufzubereiten.
Einen Kommentar schreiben