Sachwertschätzung

Redaktion
6 Min. Lesezeit

Was ist eine Sachwertschätzung?

Die Sachwertschätzung ist ein Verfahren zur Bewertung von Immobilien, bei dem der Wert eines Objekts nicht anhand von Marktpreisen oder Erträgen, sondern durch die Kosten der Wiederherstellung oder des Neubaus ermittelt wird. Die Sachwertschätzung ist vor allem dann relevant, wenn Vergleichswerte oder Ertragswerte nicht zuverlässig zur Verfügung stehen, beispielsweise bei individuellen oder einzigartigen Objekten.

Im Gegensatz zur Vergleichswert– oder Ertragswertmethode, die auf Markt- und Einkommensdaten basieren, berücksichtigt die Sachwertschätzung hauptsächlich den Wiederbeschaffungswert der Immobilie und setzt diesen mit dem Wert des Grundstücks in Verbindung. Besonders in der Baufinanzierung, der Steuerbewertung und bei versicherungsrechtlichen Fragen kommt dieses Verfahren häufig zum Einsatz.

📌 Beispiel: Die Sachwertschätzung wird angewendet, um den Wert einer historischen Villa zu ermitteln, bei der keine ausreichenden Vergleichspreise auf dem Markt existieren, oder bei einer maßgeschneiderten Gewerbeimmobilie, die nicht standardisiert ist.


Warum ist eine Sachwertschätzung wichtig?

Die Sachwertschätzung spielt in verschiedenen Bereichen eine bedeutende Rolle:

  • Versicherung von Immobilien: Um den Neuwert einer Immobilie zu ermitteln und eine angemessene Versicherungssumme festzulegen.
  • Steuerliche Zwecke: Bei der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer, wenn Immobilien bewertet werden müssen, aber keine Marktpreise existieren.
  • Baufinanzierung: Bei Finanzierungen von Neubauten oder Umbauten wird die Sachwertschätzung verwendet, um zu ermitteln, welche Summe als Sicherheit für das Darlehen akzeptiert werden kann.
  • Liquidation von Unternehmen: Bei der Unternehmensbewertung, insbesondere wenn Bodenwerte und Gebäudewerte berücksichtigt werden müssen.

Das Verfahren der Sachwertschätzung

Die Sachwertschätzung basiert auf zwei zentralen Komponenten: dem Bodenwert und dem Wiederherstellungswert der baulichen Anlage. Der Wert der Immobilie wird durch Addierung dieser beiden Teile ermittelt.

1. Bodenwert

  • Der Bodenwert ist der Marktwert des Grundstücks ohne die bebauten Teile. Er wird anhand der Lage, Größe und Bebaubarkeit des Grundstücks ermittelt. Zur Berechnung des Bodenwerts werden auch Marktpreise für ähnliche Grundstücke in der Umgebung herangezogen.

  • Beispiel: Ein Grundstück in einer begehrten Lage könnte einen hohen Bodenwert haben, während ein Grundstück in einer ländlichen Gegend mit weniger Nachfrage einen niedrigeren Bodenwert aufweist.

2. Wiederherstellungswert der baulichen Anlage

  • Der Wiederherstellungswert beschreibt die Kosten, die erforderlich wären, um das Gebäude in seinem aktuellen Zustand neu zu errichten oder aufzubauen. Hierbei werden Faktoren wie der Bauaufwand, die Materialkosten, die Arbeitskosten und die technischen Ausstattungen berücksichtigt.

  • Der Wiederherstellungswert wird oft unter Verwendung von Baupreisindizes berechnet, die die Preisentwicklung in der Baubranche widerspiegeln.

  • Beispiel: Für eine Sanierung einer alten Fabrikhalle wird der Wiederherstellungswert anhand der Baukosten für die Sanierung und den Neubau der Gebäudeteile ermittelt.

3. Alterswertminderung

  • Eine wesentliche Komponente der Sachwertschätzung ist die Alterswertminderung, die berücksichtigt, dass Immobilien mit der Zeit abnutzen. Je älter ein Gebäude ist, desto geringer ist in der Regel der Wiederherstellungswert.
  • Diese Minderung wird in der Regel anhand von Prozentwerten für jedes Jahr der Nutzung ermittelt, wobei für altmodische oder historische Gebäude besondere Bewertungsansätze erforderlich sind.

4. Sachwertberechnung

  • Die Berechnung des Sachwerts einer Immobilie erfolgt durch Addierung des Bodenwerts und des Wiederherstellungswerts der baulichen Anlage nach der Alterswertminderung.
  • Sachwert = Bodenwert + Wiederherstellungswert (abzüglich Alterswertminderung)

Vorteile der Sachwertschätzung

Die Sachwertschätzung bietet insbesondere in speziellen Fällen, in denen Marktpreise oder Ertragswerte schwer ermittelbar sind, eine objektive Bewertungsmethode. Hier sind einige Vorteile:

1. Unabhängigkeit von Marktbedingungen

  • Das Verfahren ist weitgehend unabhängig von Marktschwankungen, da der Wert auf den Wiederbeschaffungskosten und nicht auf den aktuellen Marktpreisen basiert. Das macht die Sachwertschätzung besonders wertvoll, wenn der Immobilienmarkt instabil oder wenig transparent ist.

2. Für Spezialimmobilien geeignet

  • Sie eignet sich besonders für individuelle oder einzigartige Immobilien, bei denen kein direkter Vergleich mit anderen Objekten möglich ist, wie zum Beispiel bei historischen Gebäuden, landwirtschaftlichen Immobilien oder Industrieanlagen.

3. Berechnung von Neubauwerten

  • Sie hilft dabei, den Wert von Neubauten oder Renovierungsprojekten zu ermitteln, da die Wiederherstellungswerte den genauen Bauaufwand und die Kosten abbilden.

Nachteile der Sachwertschätzung

Trotz ihrer Vorteile hat die Sachwertschätzung auch einige Nachteile:

1. Abhängigkeit von genauen Kostenschätzungen

  • Die genauen Baukosten und der Zustand des Gebäudes müssen präzise ermittelt werden, was die Schätzung aufwendig und fehleranfällig machen kann, besonders bei älteren Immobilien, bei denen die Wartung und der Zustand variieren können.

2. Keine Marktbezugnahme

  • Da die Sachwertschätzung keine Marktvergleiche einbezieht, kann sie abweichend von den tatsächlichen Marktwerten sein, vor allem in einem dynamischen Immobilienmarkt, in dem Angebot und Nachfrage den Wert beeinflussen.

3. Komplexität bei älteren Objekten

  • Bei sehr alten Immobilien oder historischen Gebäuden kann die Sachwertschätzung komplex werden, da die Alterswertminderung und der Wiederherstellungswert schwer zu bestimmen sind und spezielle Fachkenntnisse erforderlich sind.

Fazit: Sachwertschätzung als wichtige Bewertungsmethode

Die Sachwertschätzung ist ein unverzichtbares Instrument in der Immobilienbewertung, insbesondere bei Immobilien, für die keine zuverlässigen Vergleichswerte vorliegen oder die keine regelmäßigen Erträge generieren. Sie bietet eine fundierte Berechnungsgrundlage für die Bewertung von Immobilien, vor allem in Fällen, bei denen der Marktwert nicht die Realität widerspiegelt oder in besonderen Bewertungsbereichen wie der Versicherung oder der Erbschaftsbewertung benötigt wird.

Es ist wichtig, dass die Sachwertschätzung von einem qualifizierten Sachverständigen durchgeführt wird, um die Objektivität und Genauigkeit der Schätzung zu gewährleisten. Die Verfügbarkeit von genauen Daten über Baukosten und Marktwerte ist entscheidend, um den tatsächlichen Wert einer Immobilie korrekt zu bestimmen.

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